Den Richtigen finden - Wie geht das?

Wenn du immer wieder nach der oder dem Falschen greifst, es so anders begann und dann doch wieder die gleichen frustrierenden Muster zeigt, wenn dich der Mann, die Frau nicht interessiert, der oder die für dich da ist. Dann kann es sein, dass eine unbewusste Vermeidungsstrategie dahinter steckt, mit der du äußerst erfolgreich bist.

Bindungsangst zeigt sich in der Regel nicht in Form von einer tatsächlich fühlbaren Angst. Ganz im Gegenteil kann es sein, dass du dich in keiner Weise ängstlich fühlst. Vielleicht bist du in Beziehungsthemen sogar draufgängerisch, mutig, erobernd. Du flirtest gerne und gut und alles läuft flockig und locker. Doch irgendwann beginnt es sich zu drehen. Der Mann, die Frau wird dir zu viel, oder ist plötzlich unabkömmlich, sitzt dir auf der Pelle oder hat dauernd anderes zu tun.
Meist ist dann bei euch beiden eine verlässliche Bindung ein Problem. Wenn du jetzt schreist: Bei mir doch nicht! Die Frauen und Männer werden nur immer irgendwann komisch, dann halte einen Moment inne.

Paare entwickeln immer eine Dynamik, also ein Zusammenspiel, welches sich gegenseitig bedingt. In Beziehungen in denen bindungsunsichere Personen miteinander zu tun haben ist es oft so, dass einer sich entzieht und die andere hinterher läuft, eine sehr viel gibt und die andere nimmt. Einer ständig mäkelt und der andere versucht es recht zu machen.
Diese Dynamiken scheinen zunächst einmal nichts mit dem Thema Bindungssicherheit, -unsicherheit, oder -angst zu tun zu haben. Aber wie kommen sie zustande? Wieso gerate ich immer wieder dort hinein?

Instinktiv suche ich mir eine Person, die mir nicht zu nahe kommt. Sie ist attraktiv und flirty, doch mein beständig auf der Lauer liegender Bindungssdetektor hat es schon ausgemacht: Das Unerreichbare meines Gegenübers. Die Person hält etwas zurück. Irgendetwas in ihrer Art signalisiert Distanz. Darauf reagiere ich. Denn wenn sie sich nicht wirklich auf mich einlässt, dann ist mein Innerstes nicht bedroht. Dann hat es halt einmal wieder nicht geklappt. Schade. Pech gehabt. Aber ich bin nicht wirklich an den Punkt gekommen, an dem ich mich hätte einlassen müssen. Ich komme also gar nicht so weit, dass meine Angst für mich spürbar wird.

Dann ist er da. Mein absoluter Traummann. Er ist aufmerksam, interessiert sich für mich, hört mir zu und fragt nach. Wir haben Spaß miteinander und können ernste Gespräche führen. Wenn da nicht…
…dieser Fleck auf seinem Shirt wäre.
…das linke Ohr irgendwie so komisch abstehen würde.  
…er nicht so schrill lachen würde.
Plötzlich finde ich etwas an ihr oder ihm, was mich abstößt, was mich auf Distanz und damit in Sicherheit bringt. Auch hier zeigt sich also nicht das Gefühl Angst, sondern eher so etwas wie Genervtheit.

In der Regel ist nichts passiert. Außer, dass du gemerkt hast, dass es jetzt ernst werden könnte. Dein innerer Abstandhalter schlägt Alarm. Schnell noch einmal alles checken. Und siehe da. Da ist es. Habe ich es nicht gesagt. Er passt einfach nicht zu mir. Einer der so komisch geht, mit dem kann ich keine Beziehung führen. Das ist ja lächerlich, dieses Grinsen.
Vielleicht spürst du, dass dich an deinem merkwürdigen inneren Gemäkel irgend etwas irritiert. Zum Beispiel: Seit wann sind mir solche Oberflächlichkeiten wichtig? Aber du übergehst das. Dir ist auf einmal klar, dass das mit euch beiden so nicht gut gehen kann. Und vielleicht ist in dem Moment so etwas wie Erleichterung spürbar. Puh, noch einmal gut gegangen. Alleine ist es doch viel schöner. Ich bin halt eher so ein Lonesome Cowboy.

Mit diesen beiden oben beschriebenen Mechanismen erreichst du, dass du dich tatsächlich auf das allergrößte aller Wagnisse nicht einlassen musst: Eine ernsthafte Beziehung.
Eine Beziehung, die tief sein könnte, dauerhaft und sehr sehr nah. Die andere Person könnte dich erkennen, so wie du tatsächlich bist. Mit allem was zu dir gehört. Das Risiko sich so schutzlos zu zeigen ist enorm. Wenn sie oder er dich sieht, wie du wirklich bist und dann geht. Das fühlt sich mörderisch an. Also stecke ich die Sehnsucht wieder ganz ganz tief in meine linke Hosentasche, vertröste sie und nehme dann doch lieber den coolen Typen an der Bar, der sich leider wieder als Idiot erweist.

Was tun? Das ist eine heikle Frage. Denn du weißt jetzt, dass dein Türsteher des Herzens, der dich vor echter Nähe beschützt, verdammt gut aufpasst. Wenn du nun also auf diese Person triffst, die nahbar wäre, die sich einlassen wollen würde, die bereit wäre, dann hat dein Türsteher mit Sicherheit viele Argumente, warum genau diese Person nicht cool ist.
Mein Tipp: Höre deinem Türsteher freundlich zu. Überprüfe seine Bedenken auf Redlichkeit. Und ignoriere sie geflissentlich, wenn du merkst, dass es sich um Dinge handelt, die nicht wirklich beziehungsrelevant sind (Wie abstehende Ohren, ein komischer Gang, die quäkige Stimme und ähnliches.). Überprüfe, ob es nicht doch einfach sein könnte, dass dir die Sache irgendwie zu heiß wird.

Nein. Aber gehe ein bisschen mehr mit deinem Kopf an die Sache. Gib dir Zeit die Person wirklich kennenzulernen. Überprüfe die beziehungsrelevanten Merkmale: Können wir einander vertrauen, können wir Spaß miteinander haben, können wir Konflikte klären, sind wir bereit aufeinander zuzugehen? Beide?! Wie reagiert mein Gegenüber, wenn ich mein Beziehungsthema anspreche? Bleibt die Person wertschätzend und interessiert? Zeigt sie sich offen dafür das eigene Beziehungsmuster zu hinterfragen?

Wenn du in Sachen Beziehung mit schnellen Bauchentscheidungen bisher gut gefahren bist, dann bist du in diesem Artikel wahrscheinlich nicht bis zu dieser Stelle gekommen. Wenn du also noch da bist, dann ist dein Bauchgefühl beim Thema Liebe wahrscheinlich nicht vollständig zielführend gewesen. Was dir helfen kann, bessere Entscheidungen zu treffen, ist Zeit. Gönne dir die Zeit zu prüfen. Langsam zu machen. Immer wieder Herz, Bauch UND Kopf zu befragen. Stürze dich am besten nicht sofort in eine Affaire. Denn über Sex bauen wir auch Bindung auf. Und dann sitzen wir schon in der Beziehung drin, bevor wir uns ausreichend klar darüber sind, ob das eine gute Idee war.

Aber was mache ich denn nun, wenn mich der Fleck auf dem Shirt nervt? Höre dir geduldig zu. Überlege, wie wichtig ein fleckenfreies Hemd für dich und deine Beziehungszukunft ist. Wenn du denkst, dass der Fleck nicht so relevant ist, dann versuche darüber hinweg zu sehen. Weite deinen Fokus. Was sehe ich außer dem Flecken denn noch? Ist die Farbe des Shirts nicht auch ganz ok? Gibt es etwas, was aus dem Shirt heraus guckt und mir gefallen könnte? Ok, der Fleck ist da und er ist wirklich nicht hübsch. Aber der Arm, der da aus dem Ärmel kommt hat allerliebste Sommersprossen. Gib euch eine Chance: Dir, dem Flecken und dem Menschen im Shirt.

Ich freue mich über Fragen, Anregungen und Kommentare. Schreibe mir gerne eine Mail oder direkt hier einen Kommentar.

Wenn du dir Begleitung für dein eigenes Beziehungsthema wünscht, dann nimm gerne Kontakt zu mir auf.
Ich freue mich auf dich.

Herzlichst,
anne

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