Selbstfürsorge II - Meine innere Therapeutin

Gleich zwei Mal in einer Woche berichten mir Menschen von schlauer Selbsthilfe. Ich muss schmunzeln und daran denken, dass ich das beschriebene Phänomen kenne und nutze: Die innere Therapeutin, Freundin, der innere Vater, Bruder, Lehrer.

Wenn wir miteinander in Kontakt kommen, dann schaffen wir uns eine innere Repräsentanz des Gegenübers. Sozusagen ein inneres Abbild des Anderen. Dieses Abbild kann ich in mir tragen. Ich kann es hervor holen, wenn ich es brauche und kann so Kontakt zu jemandem aufnehmen auch, wenn sie oder er nicht im Raum ist. Vielleicht kennst du das auch: Deine Yogalehrerin, die dir schon hundertfach ins Ohr geflüstert hat: Atme. Oder dein Freund, dessen Blick du auf dir ruhen fühlst.

Menschen mit denen wir nah sind nehmen wir auch in unser Inneres auf. Manchmal sind auch Berührungen von Menschen, die wir einmal gespürt haben, noch nach Jahren wie ein Körperabdruck im Empfinden der eigenen Zellen gespeichert. So spüre ich immer noch die Hand meines Vaters in der Meinen, wenn ich mich darauf konzentriere.

In den Erzählungen der Menschen, die bei mir in der Praxis waren, ging es um mich. Beide erzählten unabhängig voneinander davon mit mir, zwischen den Therapiesitzungen, innere Dialoge zu führen. Und so, in Situationen, die schwierig waren sich mich an ihre Seite geholt haben. Das selbe habe ich damals auch getan, als ich meine Lehrtherapie machte. Wie oft stand mir meine Therapeutin innerlich zur Seite. Wie oft befragte ich sie, holte mir Rat, oder hörte auch ganz ungefragt plötzlich in mir ihre Stimme. Ich fand das sehr unterstützend.
Und ich möchte dich ermutigen dazu diese Möglichkeit bewusst zu nutzen. Natürlich nur mit Menschen und Worten, die förderlich und unterstützend für dich sind. Vielleicht magst du dir sogar einen kleinen Katalog an positiven inneren Bildern und Sätzen zulegen?

Lege etwas zum Schreiben bereit. Vielleicht möchtest du zunächst sogar eine Liste mit Menschen oder Situationen machen die unterstützend für dich sind oder waren. Setze dich dann bequem hin schließe die Augen. Hole dir die erste Person oder Situation vor dein inneres Auge. Wie fühlt sich dein Körper jetzt an? Was nimmst du in ihm wahr? Male das Bild aus, was in deinem Inneren entsteht. Schaue der Person in die Augen. Nimm Temperatur, Gerüche, Farben wahr. Wie ist der Klang der Stimme. Was ist deine Frage an diese Person? Führe einen Dialog. Behalte das Gewahrsein für deinen Körper und deine Sinneswahrnehmung im Fokus. Wie reagiert dein Körper auf die Worte die du hörst, von dieser hilfreichen Person? Verweile in dem Bild, solange es dir gut tut und du die Konzentration halten kannst. Übe eine Zeit lang und kehre freundlich immer wieder mit deiner Aufmerksamkeit auf die Situation zurück. Finde einen guten Abschied. Vielleicht magst du der Person noch etwas sagen, sie umarmen, dich verneigen. Schau was stimmig sein könnte für dich. Verweile noch einen Moment bei deinen eigenen Körperempfindungen und deinem Atem. Wenn du die Augen öffnest, sieh dich um und registriere genau, wo du dich gerade befindest. Deine Körperempfindungen darfst du dabei mit in deiner Wahrnehmung behalten. Registriere Innen und Außen. Vielleicht möchtest du zum Abschluss auch eine kleine innere Verneigung vor dir selbst machen oder vor dem großen Ganzen. Mach dir ein paar Notizen zu dem, was du da gerade erlebt hast. Es müssen keine Worte, es kann auch eine kleine Zeichnung, ein Symbol oder ein Gekritzel sein: Etwas, was dich erinnert. Vielleicht möchtest du deine Liste an hilfreichen Personen ergänzen oder aufschreiben, was genau das ist, womit dich die eine oder andere Person unterstützt. Lege dir so nach und nach eine Sammlung an.

Du selbst entscheidest, wann und wie du inneren Kontakt zu anderen aufnimmst. Die innere Verbindung kann da sein, auch wenn die Menschen selber Kilometer entfernt oder nicht mehr in diesem Leben sind. Fülle dich mit guten Menschen und guten Situationen. Das kannst du jederzeit und an jedem Ort. Und es ist ganz allein deine eigene Entscheidung wie du deine inneren Kontakte pflegst.

Viel Freude beim Experimentieren.

Du möchtest Unterstützung dabei? Dann freue ich mich auf deine Mail oder deinen Anruf.


anne